Umwandlungen und Eigenbedarfskündigungen verschärfen die Wohnungskrise
Mit der Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen wird keine einzige neue Wohnung geschaffen, aber sehr viele Menschen werden von Verdrängung bedroht. Die Wohnungskrise wird begünstigt durch mangelnde Informationsangebote für die Öffentlichkeit, auslaufende oder fehlende Gesetze und die mangelnde Organisation von politischem Willen. Das möchten wir mit unserem Projekt ändern! Wir informieren und setzen uns für eine gerechte Immobilienentwicklung mit Mehrwerten für alle ein!
Jahrzehntelang war es überall problemlos möglich, Mietshäuser in Eigentumswohnungen aufzuteilen und die Wohnungen einzeln zu verkaufen. Auch wenn die Mieterinnen und Mieter weiterhin in ihren Wohnungen leben, können die Wohnungen an neue Eigentümerinnen und Eigentümer verkauft werden. Die Umwandlung von ganzen Mietshäusern in einzelne Eigentumswohnungen ist eine wesentliche Ursache der Wohnungskrise. Nach Ablauf der Kündigungssperrfrist erhalten viele Mieterinnen und Mieter Eigenbedarfskündigungen. Mieter verlieren dann ihr Zuhause durch einen Eigenbedarf der Eigentümer – leider oft ein illegaler Vorwand, um die Wohnung dann doch nicht selbst zu nutzen, sondern teurer weiterzuvermieten.
Wenn Hauseigentümer Mietshäuser in Eigentumswohnungen aufteilen, können die meisten Städte und Gemeinden nichts dagegen tun – sie müssen es genehmigen. Nur in Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt kann die Umwandlung unter bestimmten Bedingungen untersagt werden. Doch dafür braucht es den gesetzlichen Rahmen im Bund und eine Landesverordnung, die den Ämtern diese Möglichkeit gibt.
In Berlin zum Beispiel trat im Jahr 2021 das Umwandlungsverbot nach § 250 des Baugesetzbuchs (BauGB) in Kraft. Auch andere Städte haben ähnliche Verordnungen erlassen. Überall dort ist die weitere Umwandlung von Wohnraum seither nahezu zum Erliegen gekommen. Zuvor wurden allein in Berlin in einem Jahrzehnt fast 160.000 Wohnungen umgewandelt. Der Berliner Mieterverein hat in den letzten drei Jahren mehr als 6.000 Beratungen zu diesem Thema durchgeführt, und die Flut der Ratsuchenden reißt nicht ab.
Die Dunkelziffer der Betroffenen in allen deutschen Städten ist nicht auszumachen, viele Menschen resignieren, kennen ihre Rechte nicht oder haben nicht die Kraft, sich Hilfe und Unterstützung zu suchen. Wir bieten Informationen zu Selbsthilfe und Beratungsangeboten, wir schaffen Öffentlichkeit und Vernetzung, engagieren uns für schützende Gesetze und politische Umsetzung.
Die Betroffenheit verbindet, aber auch die Möglichkeit, sich gemeinsam stark zu machen für rechtliche und politische Hebel, die eine gemeinwohlorientierte Entwicklung von Stadt und Immobilien schaffen. Der Schutz vor Umwandlungen von Mietshäusern in Eigentumswohnungen ist bis Ende 2025 befristet. Um eine Entfristung oder Verlängerung des Umwandlungsverbots nach § 250 BauGB durch die neue Bundesregierung zu erreichen, müssen wir schnell handeln.
Zwar gibt es Schutzfristen, die vor einer sofortigen Eigenbedarfskündigung schützen – doch diese sind oft viel zu kurz. Wir fordern eine deutliche Verlängerung der Schutzfristen, die Einschränkung der Gründe, die für eine Eigenbedarfskündigung herangezogen werden können, und weiterhin die Möglichkeit für die Kommunen, Umwandlungsverbote zu erlassen!
Gemeinsam möchten wir politische Unterstützung auf den Ebenen der Kommunen, der Länder und des Bundes erreichen, um möglichst viele Forderungen unseres Projekts gegen die Wohnungsnot und für das Gemeinwohl umzusetzen. Das können wir nur zusammen bewirken!
4 Phasen der Betroffenheit
Umwandlungen ermöglichen den Abverkauf einzelner Wohnungen eines Hauses, was das Risiko einer Eigenbedarfskündigung erheblich erhöht. Aus Sicht der Betroffenen ergeben sich vier mögliche Situationen, die wie Phasen aufeinander folgen können. Mit jeder Phase steigt das Risiko, die eigene Wohnung durch eine Eigenbedarfskündigung zu verlieren. Für jede der vier Situationen wurden deshalb Forderungen aufgestellt, die vor dem Eintritt in die nächste Phase schützen sollen.
Phase 1: Nicht umgewandelt
Viele Haushalte wohnen in einem Mietshaus, welches bisher nicht in Eigentumswohnungen umgewandelt wurde. Ein Abverkauf einzelner Wohnungen ist hier nicht möglich. Hier gilt es, Umwandlungen zu verhindern (Forderung 1) und den Erwerb durch gemeinwohlorientierte Anbieter (Forderung 2) zu stärken, bei denen Abverkauf und Eigenbedarfskündigungen ausgeschlossen sind.
Phase 2: Umgewandelt, aber nicht abverkauft
Wenn dem Grundbuchamt eine Teilungserklärung vorliegt, legt es für jede Wohnung einen Grundbucheintrag an. Jede Wohnung im Haus ist damit eine eigene Einheit und kann einzeln verkauft werden. Bevor der Verkauf beginnt, gehören alle diese Wohnungen weiterhin einer einzelnen Person oder einem Unternehmen. Eine Eigenbedarfskündigung ist hier – wie schon bei den nicht-umgewandelten Wohnungen – kaum wahrscheinlich. Hier gilt es, Transparenz zu schaffen (Forderung 3), weil die meisten Mietenden gar nicht wissen, dass ihr Haus umgewandelt ist. Außerdem kann auch hier der Erwerb durch Gemeinwohl-Vermieter (Forderung 2) gestärkt werden.
Phase 3: Abverkauft
Werden die Wohnungen eines Hauses einzeln oder in Paketen abverkauft, spricht man von Eigentumswohnungen. Die Mietverträge enden mit dem Verkauf nicht, aber das Risiko für eine Eigenbedarfskündigung steigt mit diesem Schritt sprunghaft an. Ziel ist auf dieser Stufe, Eigenbedarfskündigungen und den Missbrauch mit ihnen einzuschränken (Forderung 4).
Phase 4: Gekündigt
Kommt es in einer Eigentumswohnung doch zur Eigenbedarfskündigung, gibt es für Mieterinnen und Mieter im Gesetz einzelne Sicherheitsnetze – sogenannte Härtefallregeln. Ziel ist es, Obdachlosigkeit zu verhindern (Forderung 5) und Menschen in dringenden Situationen in der Wohnung leben zu lassen – etwa auf sehr angespannten Wohnungsmärkten –, oder wenn ein Umzug beispielsweise wegen Alter oder Krankheit nicht zuzumuten ist. Um missbräuchliche, vorgeschobene Eigenbedarfskündigungen zu verhindern, muss außerdem die Transparenz am Wohnungsmarkt erhöht werden (Forderung 3).