Schon seit 2021 ist die Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts für gemeinwohlorientierte Dritte in sozialen Erhaltungsgebieten durch ein Gerichtsurteil stark eingeschränkt. Um es in wieder zum gedachten Zweck – als Instrument des Schutzes von Mieter*innen vor Verdrängung – ausüben zu können, ist eine Änderung des Baugesetzbuches nötig. Im Koalitionsvertrag von 2025 wird diese Reparatur erwähnt, aber nicht spezifiziert, dabei ist der Handlungsauftrag sehr eindeutig: Bereits 2022 arbeitete der Berliner Mieterverein die nötigen Gesetzesvorschläge aus. Diese hatten nicht nur die Wiederherstellung der bisherigen Ausübung, sondern auch eine Verbesserung des kommunalen Vorkaufsrechts in sozialen Erhaltungsgebieten zum Ziel.
Das ganze Papier einschließlich konkreter Textbausteine für die Gesetzestexte findet sich beim Berliner Mieterverein unter: https://www.berliner-mieterverein.de/downloads/pm-2206-eckpunktepapier-vorkaufsrecht-erhaltungssatzung-220206.pdf
Die wesentlichen Vorschläge, um Kommunen handlungsfähig zu machen, sind:
- Zukunftsaspekt:
Mit Vorkaufsrechten soll in sozialen Erhaltungsgebieten die aktuelle Zusammensetzung der Wohnbevölkerung geschützt werden und für die Zukunft erhalten werden. Andere kommunale Vorkaufsrechte, etwa in Sanierungsgebieten, dienen der Beseitigung von Problemen im hier und jetzt. Dieser Unterschied führte 2021 zu einem Gerichtsurteil und seither können in sozialen Erhaltungsgebieten fast keine Vorkäufe mehr stattfinden. Eine Klarstellung im Gesetzestext könnte die besondere Funktion des Vorkaufsrechts in diesen Gebieten deutlich machen und Vorkäufe wieder ermöglichen. - Preislimitierung:
Vorkaufsrechte finden aktuell zum ursprünglich vereinbarten Preis statt – selbst wenn dieser überhöht ist. In der Folge können Vorkaufsrechte nicht ausgeübt werden oder sie überlasten die Kommune bzw. die gemeinwohlorientierten Dritten finanziell. Eine stärkere, konkret ausgestaltete Preislimitierung würde kommunale Vorkäufe erleichtern und spekulativen Preisen entgegenwirken. Möglich und sinnvoll wäre eine Orientierung an den Kosten einer langfristigen, gemeinwohlorientierten Bewirtschaftung. - Fristverlängerung:
Die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts ist auf aktuell drei Monate begrenzt. Diese Zeit reicht kaum aus, um gemeinwohlorientierte Dritte als Käufer zu finden und den Vorkauf zu organisieren. Eine Verlängerung der Frist auf vier Monate würde verhindern, dass Vorkäufe an knappen Fristen scheitern. - Allgemeinwohl:
Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts muss das Allgemeinwohl gegen die Interessen der ursprünglichen Käuferin abgewogen werden. Trotz einer Klarstellung in § 24 Abs. 3 Satz 2, dass auch die Deckung der Wohnbedarfe zum Gemeinwohl zählen, ist diese Abwägung mit Unsicherheiten verbunden. Eine weitere Klarstellung sollte das Vorkaufsrechts rechtsicherer machen. - WEG-Rechte:
Ist ein Haus bereits in Einzeleigentum aufgeteilt, entfällt das kommunale Vorkaufsrecht. Das ist nicht zeitgemäß, weil große Teile des Mietwohnungsbestandes bereits aufgeteilt sind. Diese Einschränkung des Vorkaufsrechts muss zurückgenommen werden, um keine ungerechtfertigten Ausnahmen zu gestalten. - Share Deals:
Um beim Verkauf Steuern zu sparen, werden häufig Firmen gegründet, denen nur die zu verkaufende Immobilie gehört. Anschließend wird die Firma verkauft – und damit auch das Haus. Juristisch sind solche „Share Deals“ keine Grundstücksverkäufe. Deshalb müssen Käufer nicht nur keine Steuern für den Grunderwerb bezahlen, sondern auch das kommunale Vorkaufsrecht greift nicht. Die notwendige Eingrenzung der Share-Deals muss im Steuerrecht erfolgen. Zugleich muss überlegt werden, wie auch in diesen Fällen im Baugesetzbuch ein Ansatz für das Vorkaufsrecht geschaffen werden kann.
Arbeitsauftrag für die schwarz-rote Koalition
Wir sehen es als konkreten Auftrag der neuen Bundesregierung an, die gesetzlichen Grundlagen so schnell wie möglich zu überarbeiten. Das kommunale Vorkaufsrecht wurde in den Jahren vor 2021 in vielen angespannten Wohnungsmärkten wirksam in Milieuschutzgebieten angewendet und damit Tausende Mieter*innen vor Verdrängung geschützt. Auch die mit dem Vorkaufsrecht verbundenen Abwendungsvereinbarungen, über die Käuferinnen einen drohenden Vorkauf zugunsten eines gemeinwohlorientierten Dritten abwenden können, haben eine große Bedeutung im konkreten Mieterschutz.
Berichte im Zusammenhang mit der Reparatur des Vorkaufsrechts:
- Dejure 2021: Rechtssprechung zur Veränderung des Vorkaufsrechts
- Wissenschaftliche Dienste des Bundestags 2022: Ausschluss des gemeindlichen Vorkaufsrechts in Milieuschutzgebieten
- Mieterverein Hagen 2021: Vorkaufsrechtspraxis gekippt – Bundesgesetzgeber in der Pflicht. Mieterbund fordert unverzügliche Reform des Baurechts.
- Tagesspiegel 2021: Berlin macht nach Urteil Druck: Ländermehrheit für Rettung des Vorkaufsrechts – aber Bayern legt Veto ein. Das Vorkaufsrecht zum Schutz der Kieze ist gekippt. Berlin will das Bundesrecht daher nun ändern, andere Bundesländer auch. Nur der Freistaat blockiert.